Mittwoch, 16. April 2025
Home > Bezirk Tempelhof-Schöneberg > Patina-Safari: Bürgeramt Tempelhof

Patina-Safari: Bürgeramt Tempelhof

Bürgeramt Tempelhof

/// Glosse /// – Müssen Behördenhinweisschilder schön sein? Nein – aber mindestens klar und zweckmäßig sollten sie sein! Vielleicht auch ordentlich geputzt und geordnet. Die „Patina-Safari“ der Redaktion ist ein zweites Mal fündig geworden. Diesmal wird das Bürgeramt Tempelhof ins Bild gesetzt.

Ein großer Buchstabe fehlt an der denkmalsgeschützten Fassade. Am metallenen Eingangsschild prangt berlintypischer „Laserdruck-auf-DIN-A4“ im Folienmantel, angeklebt mit Tesafilm. Bei der modernen papiernen Hinterglas-Beschriftung in den Türen kann man generöser sein, hier hätte eine Wasserwaage zum besseren Gesamteindruck verholfen.

Für die Tempelhofer Schildermacher-Betriebe ist es vermutlich nur ein Kleinauftrag, um das Entrée des Bürgeramtes zu erneuern. Aber die bürokratische Abwicklung der Bestellung dürfte sich als eine „ganz, ganz große Aufgabe“ erweisen.

Ein bürokratischer Alptraum

Man kann sich den Alptraum der zuständigen Stadträtin und die Alpträume des Bezirksamtskollegiums gut bildhaft vorstellen:

Zuerst: Analyse des Bestandes, Abstimmung mit dem Denkmalsschutz, Recherche von technischen Bezugsquellen, Abstimmung im Ausschuss für Bürgerdienste und Ordnungsangelegenheiten, dazu im Ausschuss für Facility Management. Die Frage der Mehrsprachigkeit muss dazu mit dem Ausschuss für Integration geklärt werden. Anschließend muss geklärt werden, ob „das Projekt“ aus Einsparungen finanziert werden kann, oder ob es im nächsten Nachtragshaushalt oder sogar im Doppelhaushalt 2018/19 eingestellt werden kann.

Eine weitere schwere Hürde wird die gendergerechte Schreibweise aufwerfen – mit ausufernden Debatten-Potential. Sollte auch eine mehrsprachige gendergerechte Schreibweise gewünscht werden, so müssen sogar Sprachwissenschaftler hinzugezogen werden.

Bürgeramt Tempelhof
Bürgeramt Tempelhof: Kein schöner Anblick – und kein Durchblick bei den Terminen – Foto: tsz

Vermutlich kommt dazu noch ein innovativer Antrag einer besonders innovativen Partei ins Spiel: wenn Berlin Smart City werden soll, dann müssen auch Usability-Experten involviert werden! Ferner Experten für Digitalisierung, Screen-Designer und Schriftexperten. Nicht zu Letzt sollte auch an Barrierefreiheit gedacht werden. Vielleicht sollte es auch ein taktiles Leitsystem geben, und eine Textversion in Braille-Schrift.

Behördenbeschilderung – Leuchtturmprojekt der Smart City?

Eine vorsichtige Bürokratie-Folgen-Abschätzung dürfte zwischen zwei Polen schwanken:

a) alles bleibt wie es ist – es wird als Lokal-Kolorit betrachtet.
b) es wird ein Senatsprojekt, denn alle Berliner Bezirke brauchen eine gemeinsame „Corporate Identity“.

Das Thema „Behördenschilder“ hat daher gute Chancen, im Rat der Bürgermeister erörtert zu werden. Die aber kennen alle Probleme und Pappenheimer, und werden das Projekt „smarte Behördenschilder“ an das geplante CityLab der Senatskanlei delegieren. Der Auftrag: eine zukunftsweisende digitale Lösung zu erarbeiten, die zugleich als Leuchtturmprojekt für die gahze Welt verstanden werden kann.

Politikverdruß kommt schließlich auf, weil ein gewisser Harald Martenstein sonntags im TAGESSPIEGEL kommentiert und glossiert, und ein fehlendes Smart-City-Leitbild für ganz Berlin anklagt. Die Politik ist damit am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt – die Bürokratie auch. Ohne Leitbild kann es nur eine schlechte Presse geben!

Smart geht anders!

Die smarte Lösung kann letztlich nur von einem privaten Sponsor kommen! Mit der Neuvergabe der CITY-TOILETTEN und WERBEANLAGEN in der Stadt wird zugleich der ideale und universelle „digitale Outdoor-Screen“ mit taktilem Braille-Interface vor jedes Amt gestellt.

Neue Bürokratie wird vermieden, die elektronische Anzeige kann beliebig editiert werden – und sie ist überdies multifunktional: nachts wird Werbung geflimmert – während der Behördenöffnungszeiten wird „Amtliches“ angezeigt. Deutsch, Englisch ist Standard. Behördenkunden können wahlweise automatisch an ihrer Muttersprache erkannt und informiert werden. Smart City Berlin kann so schön sein!